Ich erinnere mich noch ganz genau, als er da saß – der promovierte
Chemiker mit den vielen Auszeichnungen und dem großartigen Wissen über ein
Teilgebiet dieser Naturwissenschaft. Er hätte stolz sein können. Er hätte mit
Freude im Gesicht dort sitzen können.
Aber das Gegenteil war der Fall. Auffallend durchschwitzt –
im Winter. Und mein Coachingroom ist nicht übermäßig geheizt. Nein, ihm wurde
so heiß, weil das Thema für ihn heiß war: Endlich selbstbewusst werden. Es war
so, als sei das ein Gefühl, eine Köstlichkeit. Vorbehalten für einige Wenige.
Sicher nicht für ihn.
Wer war er schon – sagte er. In Chemie promovieren – das ist
nichts Besonderes. (Okay, das mag für ihn stimmen.) Aber ich habe aus
wissenschaftlichen Kreisen gehört, dass man hochbegabt – IQ > 130 - sein muss, um das zu schaffen.
Ich will gar nicht von mir reden und meinen bescheidenen
Kenntnissen in den Naturwissenschaften. Trotz Hochbegabung.
Aber hier hatten wir ein echtes Problem. Dieser wunderbare
Mensch konnte kaum reden. Und schämte sich auch dafür, dass er einen Coach
aufsuchen muss – Vorgabe vom Chef – um mit etwas mehr Selbstbewusstsein durch
die Welt gehen zu können. Der Chef meint, er liefe vor dem Erfolg davon.
Dieses Problem tritt nicht nur bei Männern auf. Aber schon
auffallend oft – so meine Beobachtung – bei Naturwissenschaftlern.
Ich erinnere mich an einen Kongress. Ich unterhielt mich mit
einer Leiterin aus dem Wissenschaftsministerium. Da kam eine Frau vorbei und winkte
uns zu. Sehr gebückt. Sehr bescheiden. Ich dachte, ist wohl eine Mitarbeiterin,
die ihrem Chef gerade den Kaffee bringt.
Tja, da lag ich ganz schön schief. Sie ist Professorin (Physik)
– und so die Dame aus dem Ministerium: „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass
sie einmal den Nobelpreis bekommt.“
Ist das nicht traurig, dass sich Menschen so klein machen
(müssen?), wenn es doch ganz einfache Methoden der Abhilfe gibt.
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